Januar 2016: Stuttgart ruft als erste Stadt bundesweit den Feinstaubalarm aus. Bewohner sind dazu aufgefordert ihre Autos daheim stehen zu lassen und mit Bus und Bahn zu fahren. Schuld an dieser Misere sind vor allem Dieselfahrzeuge, die in letzter Zeit – unter anderem durch ihren hohen Stickstoffoxidausstoß – immer mehr in Verruf geraten. So brachte der VW Abgasskandal zu allem Überfluss deutlich überhöhte Emissionswerte ans Tageslicht. Anfang April wurde von den Umweltministern von Bund und Länder dementsprechend die Einführung einer neuen, blauen Euro 6 Plakette beschlossen. Das könnte das baldige Aus für über 13 Millionen Dieselfahrzeuge in den Umweltzonen deutscher Großstädte bedeuten. Viele Dieselbesitzer geraten deswegen nun in Bedrängnis. Aber muss die blaue Plakette wirklich sein? Eine berechtigte Frage, denn auf eventuellen Folgekosten würden die Fahrzeugführer selbst sitzen bleiben.

 

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Warum überhaupt die neue Schadstoffnorm?

Das hat in erster Linie mit der enormen Stickstoffoxidbelastung in den deutschen Großstädten zu tun – Diese ist nämlich deutlich zu hoch, der von der EU festgelegte Maximalwert darf 40 Milligramm pro Kubikmeter Luft nicht überschreiten. Die Grenzwerte können allerdings in vielen deutschen Ballungszentren nicht eingehalten werden. Da diese Überschreitungen hohe Vertragsstrafen zwischen Deutschland und der EU nach sich ziehen, sind die Ministerien also gezwungen zu handeln.

Auf welchem Wege das geschieht und ob dafür unbedingt eine neue Plakette eingeführt werden muss ist strittig, das Bundesverkehrsministerium und das Bundesumweltamt sind sich uneinig und werfen sich zwar gegenseitig Argumente an den Kopf, die blaue Plakette ist seit dem 07.04.2016 aber erst einmal beschlossene Sache. Die genauen Inhalte sind allerdings noch völlig unklar. Trotzdem soll der Euro 6 Aufkleber spätestens 2017, am besten noch Ende 2016 eingeführt werden. Wie die Zukunft für Dieselfahrzeuge in den kommenden Jahren aussieht, bleibt daher fraglich.

Wer ist davon betroffen?

Die neue Regelung betrifft grundsätzlich alle in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge. Benziner und Elektroautos erfüllen die Anforderungen an die blaue Plakette im Normalfall von Grund auf. Bei diesen Motoren ist der Ausstoß von NOx (Stickstoffoxid) auch weniger groß – bei Elektroautos nicht existent. Problematisch wird es aber für viele Dieselfahrzeuge: Durch die sowieso schon sehr hohe Belastung durch Stickstoffoxide ist es kaum möglich den aktuellen Grenzwert von 180mg mit der neuen Plakette auf 80mg pro gefahrenem Kilometer herunterzuschrauben. Nur 500.000 Fahrzeuge können diese Anforderungen erfüllen.

 

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Kritik aufgrund einiger Nachteile

Die Kritik am aktuellen Vorhaben scheint berechtigt zu sein, für die Nachrüstung betroffener Dieselfahrzeuge sind keine staatlichen Förderungen geplant – ein herber Schlag für die Mittelschicht. Außerdem reicht ein einfacher Partikelfilter schon lange nicht mehr aus, die Abgassysteme werden aufgrund der Euro 6 Plakette deutlich komplexer und vor allem schwerer – was auch höhere Produktionskosten nach sich zieht. Ebenso wird häufig ein fragliches Kosten/Nutzen-Verhältnis kritisiert, das Erschaffen neuer Umweltzonen und entsprechende Beschilderungen seien ein zu großer Aufwand. Es gibt ebenso noch keine bundesweite gesetzliche Grundlage auf welcher entsprechende Pläne aufgebaut werden können.

Auf Widerstand stößt vor allen Dingen die Fokussierung auf PKWs, da Busse und Nutzfahrzeuge aufgrund ihres hohen Verbrauchs und den häufigen Fahrintervallen wohl den meisten Teil zur Verschmutzung beitragen. Selbst der ADAC ist der Meinung, dass nicht die Bürger dafür verantwortlich gemacht werden sollten, sondern die Autobauer sich lieber auf emissionsärmere Modelle konzentrieren sollen.

 

Gibt es Alternativen?

Da die allgemeine Meinung zur Euro 6 Plakette eher negativ ausfällt, werden als Alternative häufig Vorschläge zur Förderung der Hybrid- und Elektroautos vorgeschlagen. Würden sich elektronisch betriebene Modelle flächendeckend durchsetzen, wären entsprechende Regelungen bezüglich Umweltzonen überflüssig.

Ein Ausbau von Fahrradwegen wäre eine Idee, damit man kleine innerstädtische Strecken von A nach B in Zukunft nicht mehr auf seinen Autoreifen, sondern umweltfreundlich mit dem Fahrrad zurücklegen kann. Strengere Tempolimits und eine regulierte Abgasreinigung in Tunnel sind ebenso Möglichkeiten, die Emissionen zumindest etwas zu verringern. Der ADAC schlägt vor, in Zukunft einfach weniger Dieselfahrzeuge zuzulassen, damit über erneute Plaketten und Umweltzonen erst gar nicht mehr diskutiert werden muss.

Ein Ausblick

Laut aktuellem Stand ist es wahrscheinlich, dass über 13 Millionen Dieselfahrzeugen ein Fahrverbot in deutschen Innenstädten droht. Das Umweltbundesamt sieht keinen besseren und schnelleren Weg, langfristig für saubere Luft und für eine Einhaltung entsprechender Grenzwerte zu sorgen – auch wenn sie dabei auf teils heftigen Widerstand stoßen. Der Druck der EU und die damit verbundenen Kosten scheinen aber größer zu sein. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich welche Gesetze zur Euro 6 Plakette bundesweit durchsetzen und ob andere Alternativen in Zukunft ebenso in Erwägung gezogen werden, damit solche Diskussionen in Zukunft nicht mehr geführt werden müssen.